Lateintag: Per Reisebus in unsere lateinische Vergangenheit
Am Donnerstag, den 20. Juli 2023, erlebten Schülerinnen und Schüler dreier Lateinklassen einen ganz besonderen Tag, als sie an einer Zeitreise in Antike und Mittelalter teilnahmen.
Am Vormittag tauchten die Schülerinnen und Schüler in die Antike ein, indem sie das Dominikanermuseum in Rottweil erkundeten. Das Museum bietet eine umfassende Darstellung der Geschichte der römischen Siedlung am Neckar.
Der römische Name der Stadt, Arae Flaviae, kommt von den heiligen Altären (lat. arae), die den Namen "Flaviae" erhielten, wahrscheinlich zu Ehren der römischen Kaiserfamilie der Flavier. Neben den zahlreichen archäologischen Funden, die im Museum aufbewahrt sind und von der Bedeutung der Siedlung zeugen, kommt einer kleinen Wachstafel eine besondere Bedeutung zu: Arae Flaviae wird als municipium, d. h. als Stadt, bezeichnet. So genossen seine Bürger römische Bürgerrechte, ein großes Privileg, das die Bedeutung der Stadt in der Provinz Raetia bezeugt. Auf dieser Grundlage darf sich Rottweil als „älteste Stadt Baden-Württembergs“ bezeichnen.
Nach der Führung konnten die Schülerinnen und Schüler selbst aktiv werden und ein römisches Mosaik oder Schmuckstücke in der Werkstatt des Museums basteln. Der Vormittag wurde abgerundet mit der Besichtigung der Überreste des nahegelegenen Römerbads und einem Abstecher zur besten Eisdiele der Altstadt.
Die Reise ging am Nachmittag weiter. Diesmal führte der Weg die Schülergruppe frühe Mittelalter, wo sie das Benediktinerkloster in Beuron besuchte. Das Kloster ist seit 1863 Sitz der Benediktinermönche, die zu den ältesten Mönchsorden in der christlichen Geschichte zählen. Die Klasse 9 hatte sich im Unterricht ausführlich mit der Gestalt des Heiligen Benedikts auseinandergesetzt und Auszüge aus der "Regula Benedicti" übersetzt und besprochen. Umso faszinierender war es für die Besucherinnen und Besucher, Pater Albert kennenzulernen: Als Bewohner des Klosters machte er die Führung zu einem unvergesslichen Erlebnis. Während der Führung durch Kirche, Friedhof und Bibliothek übersetzte er gemeinsam mit den Schülerinnen und Schüler lateinische Inschriften, setzte sich aber auch mit Problemen der Übersetzung moderner Wörter auseinander: Wie soll man zum Beispiel das Wort „Eis“ übersetzten? Potio nivea (=Eis-Getränk) - so der Vorschlag.
In der Bibliothek erhielten die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in die Bedeutung der Bücher für die Mönche, die – nach der Regel Benedikts – einen großen Teil ihrer Zeit mit dem Lesen verbringen. Auch aus diesem Grund haben die Benediktinermönche über die Jahrhunderte hinweg Bücher in ihren Bibliotheken gesammelt und somit viele antike Werke für die moderne Welt überliefert. Ohne die Abschreibpraxis der Mönche im Mittelalter wären mit Sicherheit zahlreiche Werke römischer Autoren für immer verloren gegangen. Ihre Hingabe und Sorgfalt beim Kopieren und Bewahren dieser Schriften haben dazu beigetragen, dass wir heute noch Zugang zu einer Fülle antiker Wissens- und Kulturschätze haben.
Der Höhepunkt des Besuchs kam jedoch am Ende, als die Schülergruppe mit Pater Albert zusammensaß. Die Gruppe hatte die Gelegenheit, ihm Fragen über das Klosterleben zu stellen, und es entstand ein intimer Moment der Begegnung. Die Schülerinnen und Schüler waren fasziniert und gebannt, während sie Pater Albert aufmerksam zuhörten. Sie konnten eine Vielzahl von Fragen über den Alltag der Mönche stellen und erfuhren, wie auch im 21. Jahrhundert ein Leben nach den 1400 Jahre alten Benediktinerregeln möglich und erfüllend ist. Ein herzlicher Dank gilt Pater Albert, der diese Exkursion zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hat.
Nach einem bereichernden Tag blieb noch Zeit für eine kühle Erfrischung in der Donau. Bei gutem Wetter genossen die Schülerinnen und Schüler ihre wohlverdiente Badepause.
Text: Giorgio Pacini
Fotos: Moritz Heistermann